florian timm

Grundlagen der Belichtung

Jede Kamera arbeitet mit irgendeinem Licht empfindlichen Material, sei es ein (analoger) Film oder ein digitaler Sensor. Dieser zeichnet das auftreffende Licht auf. Effektiv zeichnet man also nur das auf diesem Material auftreffende Licht mit seiner Position, Stärke und Farbe auf. Das Aussetzen des Materiales mit Licht nennt man Belichtung. Da das Material nur eine bestimmte Menge Licht aufzeichnen kann bzw. auch eine bestimmte Menge mindestens benötigt, um überhaupt etwas aufzuzeichnen, muss die “Lichtmenge”, die auf den Film/Sensor trifft reguliert werden – man muss die Belichtung einstellen (lassen).

Belichtungszeit

Eine Möglichkeit der Regulation ist die Zeit: Stellen wir uns die Kamera als Wasserhahn vor: Um einen Eimer voll zu machen, lassen wir den Hahn so lange auf, bis er voll ist, dann machen wir den Hahn zu (bei der Kamera den Verschluss).
Die Belichtungszeit wird normalerweise in Sekunden angegeben, häufig als Bruchteil dieser. Die meisten Kameras können von sich aus Belichtungszeiten zwischen 1/4000 und 30 Sekunden steuern, viele Spiegelreflexkameras haben zusätzlich noch einen “bulb”-Modus – hier bleibt der Verschluss so lange offen, wie der Auslöser durchgedrückt wird. Diese Funktion macht natürlich nur mit Fernauslöser und Stativ Sinn.
Es sollte hier klar sein, dass bei doppelter Belichtungszeit, doppelt soviel Licht auf das Filmmaterial trifft.

Blende / Blendenzahl

Wenn man den Wassereimer schneller füllen möchte, benötigt man einen Hahn mit mehr Durchflussmenge. Da wir im Falle des Lichtes die Geschwindigkeit nicht erhöhen können, hilft hier nur ein Wasserhahn mit größerem Durchmesser, die Blende in der Kamera. Die Größe der Blende wird in Brennweite durch Durchmesser angegeben. f/5,6 bei einem 50mm Objektiv bedeutet zum Beispiel, dass die Blende einen Durchmesser von 50mm / 5,6 = 8,9mm hat. Dementsprechend ist die Blende umso größer, umso kleiner die Blendenzahl (hier f/5,6) ist. Eine Blende von f/1,4 ist also deutlich größer als eine Blende von f/11.
Eine doppelt so große Blendenzahl bedeutet, dass viermal so viel Licht durch die Blende kommt. Warum? Wer in der Schule aufgepasst hat, weiß, dass man die Fläche eines Kreises sich mit r²*pi berechnet. Wenn der Radius r nun doppelt so groß ist, ist die Fläche viermal so groß:
(2r)² = 4r²
Um die Lichtmenge zu verdoppeln muss die Blendenzahl also nicht verdoppelt werden, sondern mit etwa 1,4 multipliziert werden (Wurzel von zwei).
2r² = [wurzel(2) * r]²

Die meisten Objektive sind in den Werten der Blendenreihe bzw. in halben oder drittel Blendenstufen einstellbar:
Blendenreihe: 1 – 1,4 – 2 – 2,8 – 4 – 5,6 – 8 – 11 – 16 – 22 – 32

Eine Blendenstufe in der Blendenreihe entspricht der doppelten bzw. halben Durchlassmenge an Licht.

Empfindlichkeit / ISO

Letzte Möglichkeit ist die Film-/Sensorempfindlichkeit anzupassen. Der Vergleich mit dem Wassereimer ist hier nicht mehr ganz so schön. Mit höherer Empfindlichkeit (höher ISO-Zahl), benötigt der Film/Sensor weniger Licht. Vielleicht kann man das also mit einem kleineren Wassereimer vergleichen. Die Qualität des Bildes nimmt aber deutlich ab. Falls das Wasser zum Putzen gedacht war, wird die zu reinigende Fläche mit weniger Wasser auch weniger sauber.
Durch eine hohe ISO-Einstellung nimmt das Bildrauschen stark zu. Eine doppelte so hohe ISO-Zahl bedeutet, dass nur halb so viel Licht benötigt wird.

Warum so viele Möglichkeiten?

Eigentlich würde eine von den drei Funktionen ausreichen, um ein Bild zu erzeugen. Ganz einfache Kameras/Objektive geben sich z.B. auch mit einer festen Blende zufrieden.
Durch die verschiedenen Einstellungen kann man seine Bilder aber gestalten. Durch eine große Blende (kleine Blendenzahl) wird der Schärfebereich kleiner, nur noch Bereiche, die direkt in der Schärfeebene liegen werden scharf abgebildet. Andersrum wird bei einer kleinen Blende ein größerer Bereich scharf abgebildet. Wie stark sich dieser Effekt auswirkt, ist aber stark von der Sensorgröße abhängig. Handyfotografen brauchen gar nicht versuchen (außer im Makrobereich) den Hintergrund durch Unschärfe verschwimmen zu lassen (sogenanntes Bokeh).
Durch kurze Belichtungszeiten lassen sich Bewegungen einfrieren, durch lange verwischen sie. Bekannt sind hier vorallem nächtliche Langzeitbelichtungen, auf denen Autoscheinwerfer lange Linien zeichnen.